Jakob Hampel, Ingenieurinformatiker und Forscher am IMMS, wurde zum Ilmenauer Wissenschaftlichen Kolloquium IWK „Engineering for a Changing World” an der Technischen Universität Ilmenau mit dem Silicon Science Award für seine von IMMS und TU Ilmenau betreute Masterarbeit „Zeitkorrelierte Einzelphotonenzählung zur Zeitbereichscharakterisierung von Hochgeschwindigkeitslichtquellen mittels konfigurierbarer Logikbausteine“ ausgezeichnet. Der von CiS e.V. und CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH ausgelobte Preis würdigt seine anspruchsvolle und auf sehr hohem Niveau ausgeführte Forschungsarbeit mit sehr hohem praktischen Nutzen. Die Ergebnisse fließen am IMMS bereits in Anwendungsentwicklungen für Point-of-Care-Geräte ein, die besonders empfindliche Analysen für medizinische und biochemische Untersuchungen ermöglichen werden. Zudem ist die entwickelte Hardware-Software-Auswerteeinheit zur Bestimmung von Impulsantworten schneller Lichtquellen ein wichtiger Beitrag zur Erforschung von Quantentechnologien im Projekt QuantumHub Thüringen.
Schnelle Lichtimpulse mit klassischen Verfahren nicht ausreichend charakterisierbar
„Für viele Anwendungen werden schnelle Lichtimpulse benötigt, oft bis in den Nano- oder Pikosekundenbereich. Ein Beispiel sind fluoreszenzbasierte Bioanalytik-Verfahren in der Medizintechnik“,
erklärt Jakob Hampel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMMS. Lichtquellen, die diese Impulse wie die für eine Fluoreszenz erzeugen, seien daher zu charakterisieren. Nur so könne die Reaktion
eines optischen Systems zuverlässig bewertet werden. Klassischerweise ließen sich für so etwas schnelle Photodioden nutzen und deren Signale mit einem Oszilloskop bis in den Nanosekundenbereich
bewerten, umreißt Hampel weiter. „Allerdings besitzt jedes Oszilloskop ein Grundrauschen, welches die Ergebnisse verzerrt.“ Viel genauer ginge eine Bewertung dagegen mit einem anderen Verfahren,
der zeitkorrelierten Einzelphotonenzählung: „Stark vereinfacht gesagt, wird die Lichtquelle angeregt, um dann die einzelnen Photonen und die zeitlichen Verzögerungen der Impulsantworten zu
betrachten. Diese werden durch wiederholte Anregung und statistische Bewertung der Ergebnisse hunderttausend- bis millionenfacher Messungen zu einem Histogramm angehäuft. Dieses beschreibt dann
das Verhalten der Lichtquelle über die Zeit.“ Die Idee dieses Verfahrens ist nicht neu, war aber lange nur mit relativ sperriger Hardware mit großem Leistungsbedarf möglich. Genau das wollte
Hampel ändern.
Forschungsergebnis ist ein handflächengroßes USB-Gerät, das neue Anwendungen erschließt
In seiner Masterarbeit hat Jakob Hampel die Hardwarebeschreibung sowie die Auslesesoftware zur Umsetzung der zeitkorrelierten Einzelphotonenzählung durch einen konfigurierbaren Logikbaustein
entwickelt. Zusammen mit einer Single‑Photon Avalanche Diode (SPAD) als Lichtsensor und weiteren am IMMS realisierten analogen Komponenten hat er damit ein kostengünstiges System aufgebaut, das
Lichtimpulse mit einer Auflösung von 20 Pikosekunden genau messen kann und in ein nur 100 mm × 25 mm kleines Rohr passt.
„Jakob Hampel hat das Aufkommen kommerziell erhältlicher halbleiterbasierter Einzelphotonendetektoren in den letzten Jahren sowie die immer leistungsfähigeren konfigurierbaren Logikbausteine
gezielt dafür genutzt, um in seiner Arbeit aktuelle Forschungsfragen an immer empfindlicheren Sensorsystemen in vorbildlicher Weise zu adressieren,“ sagt Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil Hannes Töpfer,
Dekan der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik und Betreuer von Jakob Hampels Masterarbeit. Diese sei nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht hervorzuheben, so Töpfer weiter: „Der
Beitrag ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir an der TU Ilmenau mit unserer Forschung ganz nah an den praxisrelevanten Themen dran sind. Mit dieser Lösung wurde ein wichtiger Schritt für ein
altbekanntes Verfahren gemacht, das jetzt miniaturisiert nutzbar ist und so viele neue Anwendungen erschließen kann.“
Messsystem für die Erforschung von Quantentechnologien und neue Anwendungsentwicklungen
Die Relevanz der Arbeit zeige sich auch darin, dass sie bereits in Weiterentwicklungen wie die zur Erforschung von Quantentechnologien im Projekt QuantumHub Thüringen gemündet ist. Dort geht es
am IMMS u.a. darum, halbleiterbasierte Einzelphotonendetektoren für den Einsatz in Quantenkommunikationssystemen zu charakterisieren.
„Ich bin sehr stolz auf den Preis. Besonders freue ich mich, dass damit ein Thema ausgezeichnet wurde, für das Forschung und Industrie gleichermaßen Interesse zeigen“, sagt Jakob Hampel. Er habe
sich gleich in eine auf seiner Masterarbeit aufbauende Produktentwicklung mit der X-FAB in Form des SPAD-EvalKits einbringen können, mit dem sich SPAD-Chips charakterisieren lassen. Zudem habe er
im Projekt FluoResYst mit einem weiteren, prinzipiell ähnlich funktionierenden Messsystem schnelle Laserlichtquellen charakterisiert. Dadurch habe sich die Machbarkeit zur Entwicklung eines
SPAD-basierten anwendungsspezifischen Mikroelektronik-Chips erfolgreich bewerten lassen, der zusammen mit mikrofluidischen Systemen der Partner in ein Point-of-Care-Gerät zur Diagnose von
Tuberkulose einfließen werde.
Mix aus Theorie und Praxis als Sprungbrett für Nachwuchskräfte in der Forschung und Entwicklung
„Durch die Betreuung am IMMS und die Möglichkeiten, immer Neues und nah an Anwendungen zu lernen, konnte ich mich vom Anfängerlevel zu einem Kenntnisstand entwickeln, auf welchem erfolgreich ein
praxisnahes Forschungsthema in einer Masterarbeit bearbeitet werden kann und mit dem ich am IMMS nahtlos weiterarbeiten konnte“, bedankt sich Hampel für seine gute Betreuung. Dank der Nähe zur TU
Ilmenau sowie anderen Instituten werde man immer wieder mit neuen, spannenden Aufgaben konfrontiert und könne sich stets weiterentwickeln, führt Hampel weiter aus. Töpfer zieht als sein Betreuer
folgendes Fazit: „Die Arbeit von Herrn Hampel ist nicht nur auf fachlicher Ebene hervorzuheben. Sie illustriert auch eindrucksvoll, wie der theoretisch fundierten Ausbildung an der TU Ilmenau mit
praxisorientierten Betreuungsangeboten wie denen am IMMS eine beachtliche Schlagkraft verliehen wird. Mit dieser lassen sich nicht nur Forschungsergebnisse in die Praxis transferieren, sondern
auch der Nachwuchs hervorragend mit all dem notwendigen Rüstzeug für die Innovationen von morgen fördern.“
Hintergrundinformationen
Über den Silicon Science Award
Der CiS e.V. vergibt gemeinsam mit der CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH den Silicon Science Award für von 2021 bis 2023 entstandene Forschungsarbeiten von Nachwuchstalenten.
Themenfelder des Awards sind siliziumbasierte Sensorik, innovative Aufbau- und Verbindungstechnik, optoelektronische Mikrosysteme und Quantentechnologien. Neue Lösungen in diesen Feldern
gestalten die Mikrosystemtechnik von morgen. Als Innovationstreiber für die Wirtschaft und Gesellschaft durchdringt die Mikrosystemtechnik alle Bereiche des Lebens und trägt weltweit dazu bei,
Herausforderungen von gesellschaftlicher Relevanz zu lösen. Sensoren und optoelektronische Mikrosysteme messen, regeln und überwachen zahlreiche komplexe Prozesse in der Industrie, Forschung und
im alltäglichen Leben – vollautomatisch, smart und zuverlässig. Der CiS e.V. will als Ausrichter dieses Wettbewerbs junge Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen ermutigen,
sich mit diesen Themen und Forschungsaufgaben auseinanderzusetzen und ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Mit dem Preis werden herausragende Dissertationen sowie Bachelor-,
Master- und Diplomarbeiten ausgezeichnet, die an einer Fachhochschule, Universität, Hochschule oder außeruniversitären Forschungseinrichtung in Deutschland entstanden sind, auch in Zusammenarbeit
mit der Industrie. Eine vom CiS e.V. berufene Jury aus sachverständigen Persönlichkeiten der Wissenschaft und Wirtschaft sowie aus Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats und dem Vorstand des
CiS e.V. bewerten die eingereichten Arbeiten nach den Kriterien Innovationsgrad und Originalität, wissenschaftliche Bedeutung, wirtschaftliche Verwertbarkeit und Gesamtkonzeption.
https://www.cismst.de/award/info/
Über das IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH)
Das IMMS unterstützt Unternehmen, international erfolgreiche Innovationen für Gesundheit, Umwelt und Industrie auf den Weg zu bringen und begleitet sie von der Machbarkeitsstudie bis zur
Serienreife. Es bringt Unternehmen mit anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung in der Mikroelektronik, Systemtechnik und Mechatronik voran und transferiert Ergebnisse der
Grundlagenforschung in Anwendungen. Am IMMS werden jährlich bis zu 30 Studentinnen und Studenten betreut und mit fundiertem Methodenwissen sowie über die Einbindung in die Praxis für einen
Berufsstart in der Industrie und der anwendungsnahen Forschung befähigt. Auch auf diesem Weg stärkt das Institut die Betriebe in der Region. Das IMMS wurde 1995 als ein landeseigenes Unternehmen
des Freistaats Thüringen gegründet und ist ein An-Institut der TU Ilmenau. Es arbeitet mit einem Team aus rund 90 Personen am Hauptsitz in Ilmenau und im Institutsteil in Erfurt.
https://www.imms.de/